Proleten-Barbecue

Jeder hat es wahrscheinlich schon mal praktiziert oder zumindest bei einem Besuch westfälischer Hinterhöfe beobachten müssen: GRILLORGIEN!

1. Warum machen wir das?

Einerseits natürlich aus Spaß an der Völlerei. Es ist einfach geil, sich den Bauch vollzuschlagen, Bier aus der Flasche zu trinken und sich gleichzeitig einen Dreck um Tischsitten kümmern zu müssen. Auch kommt es gut, anschließend, so ab 23.30 Uhr, noch "Alle Möpse beißen-nur der kleine Rollmops nicht" anzustimmen, um noch ein bißchen die Nachbarn zu ärgern, die pennen wollen, weil sie am Sonntag zeitig in der Kirche sein müssen.

Andererseits hat Grillen auch mystische Ursachen. Da uns der liebe Gott in seinem Buch die Herrschaft über die Tiere übertragen hat, können wir diese durch gelegentliches Grillen auch mal demonstrieren. Jaja, wir dürfen Tiere nicht nur töten und heimlich verspeisen (außer die Vegetativen), wir dürfen das sogar in einer Art "Messe" zelebrieren. Bratwürstchen und Frikadellen sind da eher langweilig, man erkennt ja nicht mehr das Tier (die Tiere) aus denen sie zusammengemanscht wurden. Schnitzel oder Bauchfleisch sind schon cooler, aber super-cremig kommt natürlich n komplettes Spanferkel auf ner Eisenstange. Wenn wir uns dann noch das Gesicht anmalen und Baströckchen anziehen, ist das echt schon Herr-der-Fliegen-mäßig.

 

2. Die Vorbereitungen

 

Grillorgien finden meistens samstags statt. Ein Grillsamstag läuft in etwa nach folgendem Schema ab:

10.00 Uhr:    Aufstehen

10.05 Uhr:    Blick auf´s Außenthermometer. 20° oder mehr: TOP!

10.06 Uhr:    Blick aus dem Fenster. Blauer Himmel und Sonne: OBER-TOP!

10.10 Uhr:    Frühstück (aufgetaute Brötchen) und Zigarette.

10.30 Uhr:    Klo gehen.

11.00 Uhr:    Turnhose, Tennissocken und Badeschlappen anziehen und den Hof fegen! Oberkörper nackend. Handy nicht vergessen!!!

11.30 Uhr:    Das Püllchen haben wir uns jetzt aber verdient!

12.00 Uhr:    Altglas und Altpapier zum Container bringen.

12.10 Uhr:    Das Grillen beschließen. Ehefrau mitteilen: "Sollen wir heute mal grillen!" Danach etwas streiten, ob Gäste einladen oder nicht. Anschließend Gäste antelefonieren oder ansmsen.

13.00 Uhr:    Formel-1-Training kucken!

13.30 Uhr:    Wegnickern (Ermattet vom Püllchen und vom Streit mit Ehefrau).

15.30 Uhr:    Wachwerden vom Blagengeschrei.

15.35 Uhr:    Rein ins Auto und ab zum Supermarkt (Oberkörper nicht mehr nackend).

15.55 Uhr:    Wir kaufen: 2 Sixpack Thüringer, 10 Schnitzel, 10 Bauchfleisch, Kiste Warsteiner (Ist Pflicht beim Grillen), jeweils ne Stiege Kümmerling und Feigling, 2 Baguettes und diverse Klein-Zerealien (Saucen, Silberzwiebeln, Gürkchen, Eimer-Kartoffelsalat...) Die Holzkohle kaufen wir für teuer Geld an der Tanke, weil sie im Supermarkt schon ausverkauft war. Scheiße, wir verpassen die Bundesliga! Na egal, jetzt sind wir schon mal an der Tanke, dann können wir auch Benzin kaufen und Luftdruck messen. Ist ja Samstag! Warum lachen die beiden Schnösel im Z3 nur so dämlich? Doch nicht etwa über unsere Badeschlappen? Oder gar über unseren Schnäuzer? Blöde Schwuchteln!

16.30 Uhr:    Zurück zu hause. Vorbereitungen abgeschlossen. Rest macht Ehefrau. Zweite Halbzeit fängt an. Das Püllchen haben wir uns jetzt aber verdient! Manfred von gegenüber kommt zum Bier- und Premiereschnorren vorbei (Bleibt bis 2.00 Uhr nachts).

 

3. Die "Messe"

 

18.00 Uhr: Hiltrud und Gisbert kommen samt Köter und Videokamera. Gisbert muß schon leicht einen sitzen haben, denn Hiltrud durfte heute den Vectra fahren! Naja, er wird wohl auch Bundesliga geguckt haben.

18.22 Uhr (Wir hatten 18.00 Uhr gesagt!): Bollek und Lotte sind da. Und Rüdiger, das Mistblag. Er beginnt ohne Umschweife, Köters Geduld durch das Hinhalten und Wegziehen einer rohen Bratwurst auf die Probe zu stellen, doch nach einem wütenden Knurren und einem leichten Schnappen nach Rüdigers Waden haben wir dank Köter erst mal ne ganze Weile Ruhe.

18.45 Uhr: Schnucki bringt das Grillfleisch und den obligatorischen Salat, ich schmeiße das Fegefeuer an. Gar nicht so leicht, aber mit Hilfe des Reservekanisters aus dem Vectra geht´s dann doch noch.

19.00 Uhr: Über dem ganzen Wohngebiet schwebt eine einzige Qualmwolke. Alle grillen. Alle saufen. Die ersten gröhlen schon den "Westerwald".

19.15 Uhr: Die erste Fuhre ist fast fertig. Nur noch ein Spritzer Bier auf den Rost, hach, was duftet das lecker!

19.20 Uhr: Lotte hat ihre Bratwurst verdrückt und behauptet, sie sei satt. Sie wischt ihre Fettfinger in der Serviette ab und nippt an ihrem Mineralwasser. Dumme Nuß. Spielverderberin. Aber kein Wunder, seit einer Stunde hatte sie Baguettestückchen um Baguettestückchen in die Knoblauchsauce gedipt und ununterbrochen, geradezu orgiastisch, "KÖSTLICH" geplärrt. Jetzt macht sie auf Diät. Egal, wir anderen fressen, was das Zeug hält.

21.25 Uhr: Das letzte Schnitzel ist vernichtet. Köter lutscht die letzte Bratwurst. Rüdiger ist glücklicherweise eingeschlafen, ich hatte ihm ein Körnchen in seine Fanta gemischt. Zwei Reihenhäuser weiter prügelt sich Mehmet mit einem alten Oppa. Ich serviere Kümmerling. Die Damen bleiben bei Feigling. Lotte nippt immer noch Mineralwasser. Immerhin hat sie in der Zwischenzeit ihre Bluse aufgeknöpft!

22.13 Uhr: Gisbert holt Gitarre aus Vectra. Warsteiner ist alle (ich hatte Manfred nicht einkalkuliert). Wir singen erst "Bolle" und anschließend "Fern bei Sedan", n altes Soldatenlied.

22.57 Uhr: Manfred zeigt Popo. Hiltrud filmt.

23.41 Uhr: Bollek göbelt in die Fuchsien.

23.57 Uhr: Der Grill fällt um.

00.02 Uhr: Wo zum Teufel sind meine Badeschlappen?

00.14 Uhr: Gisbert fällt um.

00.36 Uhr: Die Polizei ist da. Hauptmeister Karsunke (auch ein Griller!) und Oberkommissar Böckwemser (FDP-Wähler (seine Frau hat n Gewerbeschein!)).

01.48 Uhr: Die Polizei geht. Jetzt ist auch der Kümmerling alle. Lotte fährt die ganze Bagage nach hause.

02.00 Uhr: Ich schleppe Manfred rüber in seinen Vorgarten. Pinkelt in Sandkasten.

02.01 Uhr: Ich zu Schnucki: "SEXXXXXX???????"